Auch Ole von Beust war während seiner Amtszeit der manchmal
umstrittene, im Grunde aber alternativlose Chef des Hamburger Senats. Bis zu
seinem Rücktritt. Diesen Hamburger Personenkult erleben wir heute wie ein Déjà-vu: Umfrageergebnisse,
repräsentativ ermittelt seien sie, wird betont, bescheinigen heute Olaf #Scholz
einen 65%igen Rückhalt in der Hamburger Wählerschaft.
Jüngsten Umfragen zufolge würde seine SPD bei der #Bürgerschaftswahl 2015 einen Stimmenanteil von 45% erzielen.
Der Politologe Prof. Elmar Wiesendahl schreibt die
Fokussierung der Hamburger Wähler auf den Bürgermeister einer Entpolitisierungs-Erscheinung
zu, für die „große ideologische Fragen überhaupt keine Rolle mehr spielen“
(WamS 16.2.2014 „Scholz ist der Felix Magath der Politik“).
So goutieren die Hamburger des Ersten Bürgermeisters
systematisch technokratische Abarbeitung der Wahlversprechen.
Dafür werden ihm Managerqualitäten zugeschrieben. Diese Einordnung
zieht des Betrachters Aufmerksamkeit auf dessen persönliche, der
Selbstvermarktung und dem politischen Aufstieg gewidmeten Kommunikationsstrategie.
Scholz versteht es in bemerkenswerter Form, sich für
Teilerfolge in Szene zu setzen, resp. in Szene setzen zu lassen.
Wie ein Zauberkünstler weiß er die Aufmerksamkeit der
Öffentlichkeit auf seine Erfolge zu steuern, um gleichzeitig von Schwachstellen
und Untätigkeiten abzulenken. Und das Wahlvolk klatscht Beifall.
Die Presse wird in Claqueur-Manier nicht müde, den „Mister
65Prozent“ (Wams 9.11.14) zu küren, ihn
zum „Felix Magath der Politik“ zu erklären (s.o.), oder ihn als Hamburger
Übermeister (WamS 7.9.14) zu glorifizieren. Auch das Hamburger Abendblatt trägt
fleißig mit seinen Beiträgen, überschrieben mit „Senat auf dem Prüfstand“
(15./16.2.14; 7.11.14), zur Mythosbildung des Bundespolitiker-Comebacks in
Lauerstellung bei.
Geschickt geht Scholz mit solchen Anmutungen um, wenn er die
Titulierung als „König Olaf“ mit der Bemerkung von sich weist, dass diese
„eines Demokraten nicht würdig seien und der Würde des Amtes nicht angemessen“
(WamS 9.11.14). Bescheidenheit ist eine Zier, doch… doch das Volk liebt Bescheidenheit
seiner Machthaber, auch wenn sie hin und wieder als subtile Maskerade von
Arroganz daher kommt. Daher verwunderte es den Zuschauer auch nicht sonderlich,
als der Erste Bürgermeister den Redebeitrag eines politischen Konkurrenten während
einer Talk-Show als „Geplapper“ abqualifizierte.
Er scheut sich andererseits nicht, seine Bürger anlässlich
der igs wissen zu lassen, er wolle deren Inaugenscheinnahme mit einem
Jogging-Lauf verknüpfen. Imposant. Ein toller Hecht.
Bemerkenswert allerdings seine Reaktion auf Prof.
Wiesendahls Hinweis, dass seine ideologiefreie profillose Politiker-Ausprägung
keinen Blick über den Tellerrand beinhalte und keinen Entwurf für die Zukunft anbiete.
Flugs rief er das Senatskonzept „Hamburg 2030: Mehr. Älter. Vielfältiger“ ins
Leben. Lücke geschlossen.
Wie schon von der Bundespolitik vorexerziert, etikettiert er
auch zusammen mit dem Senat die rückläufige Schuldenaufnahme als Ergebnis
eigener Leistung. Dabei ist die Entwicklung weniger einer Ausgabendisziplin zu
verdanken, sondern eher den strammen Steuereinnahmen und rückläufigem
Zinsaufwand für Altschulden zuzuschreiben.
Während die 13 Flächenländer eine durchschnittliche
Pro-Kopf-Verschuldung von € 7.624 ausweisen, ist Hamburg mit € 21.592 zwar
dritter Sieger unter den Stadtstaaten, hat aber Chancen so sexy wie Berlin zu
werden, dessen Pro-Kopf-Verschuldung mit € 21.844 nur knapp darüber liegt.
Gleichwohl wird die Bewerbung für Olympia 2024 mit Nachdruck
verfolgt. Dabei beweist aktuell das Sanierungsprojekt Deichtorhallen die
Inkompetenz beim Management von Großprojekten, ohne dass erkennbar wird, dass
der Senat kreative Strategien ersinnt, dieser vermeintlichen Gesetzmäßigkeit
(sh. auch Philharmonie) Herr zu werden. Man kann sich mental schon auf das
drohende Debakel bei den Finanzmittel-Erfordernissen für die A7-Deckelung
einstellen.
By the way: Hamburg hat
sich 2013 erstmalig zum Nehmerland im Finanzausgleich gemausert.
In der Erfolgsbilanz werden die Themen Sicherheit und
Sauberkeit dezent übergangen. Der geneigte Betrachter erinnert sich an die
Berichterstattung über Verwahrlosungserscheinungen in St. Georg oder im Goßlers
Park, der zwischenzeitlich schon von angepöbelten Bürgern als No-Go-Area
wahrgenommen wurde.
Scholz, selbst in
HH-Altona wohnend, identifiziert sich augenscheinlich mit den Schöpfern der
Fassaden-Graffiti. Anders ist es nicht zu erklären, dass innerhalb kürzester
Zeit frisch sanierte Häuserfassaden dem Sprayer-Vandalismus zum Opfer fallen,
ohne dass erkennbar wird, dass Politik gegen diese Eigentumsdelikte vorgehen
will. Es sei denn, Eigentümer unternehmen es selbst- wie die Hoch- und / oder
Bundesbahn - um später die Kosten auf die Fahrgäste umzulegen. Wird ja nicht
evident.
Über das politische Beharrungsvermögen hinsichtlich der
Hamburger Luftqualität muss dank hinreichender Aktionen von BUND nicht vertieft
gesprochen werden.
Der kritische Beobachter behält in Erinnerung, dass Scholz
ein bedeutender Mitgestalter des GroKo-Vertrages war und damit auch
Steigbügelhalter solcher Errungenschaften wie der Rente ab 63, die heute schon -
aus der Spur driftend - im Rückblick aufzeigt, wie sehr der zu erwartende Kostenblock
mit gezinkten Zahlen klein gerechnet wurde.
Auch die Perpetuierung des Solis, die uns voraussichtlich
als verkappte Steuererhöhung ins Haus
flattert, hat er mitorganisiert. So bemüht sich Scholz, sein Profil im Kielwasser
von Wolfgang Schäuble zu schärfen.
Die Bürgerschaftswähler mögen daher im Februar
berücksichtigen, dass eine weitere Legislaturperiode von fünf Jahren in dieser
politischen Formation nicht zwingend erstrebenswert ist.
Eine über den persönlichen Tellerrand hinaus blickende
Politikszene werden wir nur mit einer ausreichend differenzierten Parteienlandschaft
erwarten können. Und das kann aus heutiger Sicht in Hamburg wie im Bund dann
gelingen, wenn wieder liberale Elemente Bestandteil politischer Willensbildung
werden. Für Hamburg heißt das, Katja #Suding
und ihre #FDP wählen.
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